
Das Dreamteam Rachel Bright und Jim Field ist zurück – mit einem weiteren wunderbaren Bilderbuch in Reimform. Dieses Mal geht es in kältere Gebiete und wir begleiten einen kleinen Wolf auf seiner langen Reise durch metertiefen Schnee. Wieder eine sehr schöne, einfühlsame Geschichte mit einer noch schöneren Message, abgerundet durch die unvergleichlichen Illustrationen von Jim Field.
Vor all seinen Helfern verneigte er sich und dabei versprach er ganz feierlich: „Genauso wie ihr will ich hilfsbereit sein. Ich lasse in Not sicher keinen allein.“
Inhalt
Der kleine Wolf möchte am liebsten schon groß, selbstständig und stark sein. Er ist sehr von sich und seinen Fähigkeiten überzeugt, auch wenn er im Rudel oft an seine Grenzen stößt. Als er auf der Suche nach einem neuen Zuhause das Wolfsrudel verliert, ist es mit seiner Selbstsicherheit aber schnell vorbei – denn in der kalten Wildnis lauern für einen kleinen Wolf einige Gefahren. Zum Glück helfen ihm andere Tiere bei der Suche nach seinem Rudel. Und dabei merkt der kleine Wolf, dass es vielleicht manchmal gar nicht so schlimm ist, noch nicht alles selber zu können – wenn man Freunde hat, die einem zur Seite stehen.
Buchdetails
Autorin: Rachel Bright – Illustrator: Jim Field – Übersetzerin: Pia Jüngert – Herausgeber: Magellan Verlag – Erscheinungsjahr: 2019 – Buchlänge: 32 Seiten – Altersempfehlung: ab 3 Jahren – Preis: 14 € – ISBN: 978-3-7348-2065-6 – Hier kaufen
Meine Meinung
Ich habe bereits die ersten drei Bilderbücher von Rachel Bright und Jim Field geliebt: Der Löwe in dir; Trau dich, Koala und Die Streithörnchen. Nun ist das vierte gemeinsame Bilderbuch der beiden erschienen. Das Cover ist dieses Mal relativ zurückhaltend, vorwiegend in Weiß gehalten, um die Schneelandschaft, in der die Geschichte spielt, zu veranschaulichen. Auch wird auf dem Cover wieder ein Einblick in die wunderbaren Illustrationen von Jim Field gegeben: so sieht man einen kleinen, sehr niedlichen Wolf mit großen, hellblauen Augen.
Die Geschichte beinhaltet einige abenteuerliche Elemente, was die kindlichen Zuhörer sicherlich stark anspricht. Es beginnt mit der Reise, die das Wolfsrudel auf sich nehmen muss, um ein neues Zuhause zu finden. Der Weg ist beschwerlich, da es Schneestürme gibt und der Schnee sehr hoch ist. So kommt es, wie es kommen muss: Der kleine Wolf ist plötzlich auf sich allein gestellt. Und das ist gar nicht mal so ungefährlich. Schon bald gerät er in Lebensgefahr und der Leser muss richtig mitfiebern. Dies wird noch durch Cliffhanger auf einzelnen Seiten verstärkt.
Thematisch geht es zum einen um Selbstüberschätzung, was in einem gewissen Alter auch bei Kindern durchaus normal ist. So geht es auch dem kleinen Wolf, der denkt, dass er am lautesten heult, am mutigsten und am stärksten ist. Dabei wird er vom Wolfsrudel, aber auch durch sein Abenteuer, wieder auf den Boden zurückgeholt. Hier wird allerdings weitestgehend auf den pädagogischen Zeigefinger verzichtet – es wird einfach eine Situation geschildert, wie sie vielleicht auch Kinder schon einmal erlebt haben.
Außerdem geht es um die Themen Freundschaft, Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft. Hier sind insbesondere die anderen Tiere Vorbilder. Die Tiere sind für die Gegend, in der die Geschichte spielt, typisch. Die meisten Kinder werden aber viele der Tiere vermutlich noch nicht kennen, etwa den Narwal, den Eisfuchs und den Wollbär. Hier lernen die Kinder durch die Geschichte auch andere Arten kennen, die in arktischen Gegenden leben. Viel wichtiger ist aber die Botschaft, die durch die Tiere vermittelt wird: Man soll denen, die in Not sind, helfen.
Sprachlich ist die Geschichte wieder komplett in Reimform gehalten. An sich finde ich die Übersetzung von Pia Jüngert wirklich sehr gelungen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass auch der Originaltext in Reimform ist. Es hinzubekommen, den Text so zu übersetzen, dass er sich wieder reimt und dabei nicht die Hauptaussagen der Geschichte zu ändern, ist wirklich beeindruckend. Vereinzelt leidet darunter allerdings die Satzstellung, was aber nur beim ersten Vorlesen störend sein kann – danach gewöhnt man sich daran. Der Text ist sehr poetisch und hat beim Vorlesen einen wunderbaren Klang – eine wirklich wertvolle Erfahrung für Kinder. Dies wird noch durch die große Hervorhebung einzelner Wörter und durch Lautmalereien unterstützt, wodurch der Vorleser weiß, welche Stellen besonders betont werden können.
Einziges Manko ist, dass sich auf einer Seite ein Rechtschreibfehler findet, was bei so wenig Text eigentlich nicht sein sollte.
Die Illustrationen von Jim Field sind wieder einmal absolut atemberaubend. Sie sind sehr detailreich, richtig niedlich und variationsreich. Landschaften werden wunderbar dargestellt und entführen einen an einen anderen Ort. Die Bilder gehen weit über den Text hinaus, widersprechen ihm vereinzelt sogar und sind immer wieder für Überraschungen gut. Es gibt oft doppelseitige Szenen, aber auch mehrere kleinere Bilder auf einer Doppelseite, um die Abfolge von unterschiedlichen Handlungen und Ereignissen zu veranschaulichen.
Farblich variieren die Illustrationen zwischen sehr hell (vorwiegend Weiß) und relativ dunkel (schwarze Nacht). Dennoch werden auch oft einige farbige Akzente gesetzt, etwa durch warme Sonnenuntergänge. Der Text ist auf den hellen Seiten sehr gut leserlich. Auf den dunklen Seiten ist der Text in einem dunkleren Violett gehalten und sticht dadurch gegenüber dem Hintergrund nicht so klar hervor. Hier wird das Vorlesen – gerade wenn es dunkler ist – etwas erschwert.
Insgesamt wieder ein sehr gelungenes Bilderbuch von Rachel Bright und Jim Field, das von der hervorragenden Kombination aus Bild und Text lebt und Kindern auf einfühlsame Weise zeigt, wie wichtig Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt sind. Außerdem wird hier der Wolf als Protagonist weitestgehend unvoreingenommen akzeptiert, ohne dass ihm das übliche Cliché des Bösewichts anhaftet. Trotz der kleinen Kritik sehr zu empfehlen (5 Sterne).
Besondere Einsatzmöglichkeiten
Die Bilderbücher von Rachel Bright und Jim Field sind im Literaturunterricht sehr beliebt. Ich habe schon so oft tolle Unterrichtsideen auf Instagram gesehen, in denen die Bilderbücher in der Grundschule behandelt werden. Nichts anderes gilt für dieses Bilderbuch. Das Buch hat ein großes Potenzial, das literarische Lernen bei den Kindern zu fördern, insbesondere aufgrund der durchgehenden Reimform.
Auch für Erzähl- oder Schreibanlässe bietet sich dieses Bilderbuch geradezu an. Auf einigen Doppelseiten werden Cliffhanger eingebaut, die erst auf der nächsten Doppelseite aufgelöst werden. Hier können die Kinder Vermutungen anstellen oder sich eine mögliche Fortsetzung ausdenken. Außerdem könnten sie mithilfe der Bilder eine Szene in eigenen Worten aufschreiben oder die Gedanken des Wolfes verfassen. Auf einigen Seiten gibt es kleinere Bilder, die einzelne Szenenabfolgen darstellen. Hier könnten schwächere Schüler einen Comic erstellen, etwa mit Sprech- oder Gedankenblasen und einem kurzen Satz zu jedem Bild.
Auf der Grundlage der Geschichte könnte auch über die genannten Themen gesprochen werden, etwa über Hilfsbereitschaft. Hier könnten die Kinder Dialoge einüben, in denen sie jemandem Hilfe anbieten und wie die Reaktion darauf aussehen könnte. Außerdem können sie Vermutungen anstellen, welche Wirkungen ein solches Verhalten haben kann.
Fächerübergreifend könnten im Sachunterricht die Themen Wolf oder Tiere in kälteren Gebieten behandelt werden.
Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar vom Magellan Verlag zur Verfügung gestellt.
Bildquelle: Magellan