[Rezension] Eine andere Geschichte

Das heutige Bilderbuch ist sehr besonders und poetisch – und überzeugt gerade dadurch! Der Titel Eine andere Geschichte ist hier Programm – denn es wird wirklich eine ganz andere Geschichte erzählt, als man erwartet. Aber ist es wirklich eine Geschichte oder handelt es sich vielmehr um Denkanstöße für den Leser / Zuhörer? Der kurze und doch aussagekräftige Text sowie die bezaubernden, detailreichen und doch zurückhaltenden Illustrationen laden zum Philosophieren ein – für Groß und Klein.

Inhalt

Außer ihres Namens verbindet ein Nashorn und einen Nashornkäfer scheinbar nicht viel. Oder etwa doch? Egal, wie groß die Unterschiede sind, eine Begegnung kann alles verändern. Denn sie zeigt, wie ähnlich man sich trotz aller Unterschiede eben doch ist. Und dass Anderssein etwas ganz Natürliches ist.

Buchdetails

Autor & Illustrator: Adolfo Serra – Übersetzerin: Nina Bitzer – Herausgeber: JUMBO – Erscheinungsjahr: 2020 – Buchlänge: 32 Seiten – Altersempfehlung: ab 4 Jahren – Preis: 14 € – ISBN: 978-3833741876 – Hier kaufen

Meine Meinung

In diesem Jahr sind wieder einige tolle Bilderbücher auf meiner Wunschliste gelandet. Ein Buch, das ebenfalls ganz vorne stand, ist definitiv Eine andere Geschichte. Auch wenn ich mir zu dem Zeitpunkt noch nicht ausmalen konnte, was diese Geschichte so anders macht, hat mir bereits das bezaubernde Cover so gut gefallen. Dass der Titel neugierig macht, brauche ich wohl kaum erwähnen. Daher eignet er sich aber auch sehr gut als Sprechanlass: ‚Was macht diese Geschichte anders?‘, ‚Worum könnte es in der Geschichte gehen?‘ und ‚Wer sind die Protagonisten?‘.

Während man auf dem Cover direkt das Nashorn in seiner vollen Pracht sieht, wunderbar in Szene gesetzt vor einem großen Vollmond und einem Himmel voller Sterne, fällt der zweite Protagonist der Geschichte, der Nashornkäfer, erst einmal nicht so wirklich auf. Diesen findet man auf der Rückseite des Buches, welche ebenfalls vor dem Vorlesen gezeigt werden kann. Die Kinder könnten Vermutungen anstellen, um was für einen Käfer es sich handelt und welche Rolle die beiden Tiere in dem Bilderbuch wohl spielen – was sie verbindet, was sie tun und ob sie wohl befreundet sind.

So richtig eine Geschichte findet man in dem Bilderbuch gar nicht – zumindest nicht im herkömmlichen Sinne mit einem Handlungsstrang, einem roten Faden, einem Höhepunkt usw. Vielmehr besteht das Buch aus einem sehr poetischen Text, der nur wenige Sätze beinhaltet. Diese laden dazu ein, dass man über sie nachdenkt, sich mit ihnen identifiziert und sie hinterfragt. Ein Beispiel: ‚Manchmal ist die Welt sehr klein.‘ Hier könnten die Kinder darüber reden, in welchen Momenten ihnen die Welt klein vorkommt.

Begleitet werden die Sätze jeweils von Illustrationen. Mal sieht man das Nashorn, mal den Nashornkäfer – bis sie sich irgendwann begegnen. Die Illustrationen passen sehr gut zu dem jeweiligen Textteil und unterstreichen so die bildhafte Sprache, die natürlich mehr als eine Deutung zulässt. Von den Farben her sind die Illustrationen mal zurückhaltender, mal werden viele Farben verwendet. Der Künstler arbeitet auch mit einer Collagentechnik, die ich immer ganz toll finde. So gibt es Blätter, die aus Zeitungsschnipseln dargestellt wurden.

Die Bilder sind zwar auf der einen Seite zurückhaltend (es gibt oft keine detaillierten Hintergründe oder sonstige Details im Überfluss), auf der anderen Seite sind sie aber doch sehr aufwändig und detailliert. Der Künstler arbeitet viel mit Strukturen, wodurch er eine gewisse Form der Tiefe erreicht. Einige Bilder zeigen nur ganz wenig, andere hingegen zeigen viel mehr. Das heißt aber nicht, dass die reduzierten Bilder weniger erzählen – oft kann man hier mehr sehen, als auf den ‚vollen‘ Bildern.

Thematisch geht es in dem Bilderbuch um eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem großen Tier (dem Nashorn) und einem sehr kleinen Tier (dem Nashornkäfer). Die beiden Tiere scheinen bis auf ihren Namen und ihr Horn nicht viel gemeinsam zu haben – und dennoch verbindet sie etwas Besonderes. Oder gerade deswegen? Das Buch hat eine wunderschöne Aussage: Jeder ist anders als alle anderen – aber dennoch sind wir auch alle in gewisser Weise gleich.

Ich kann dieses sehr besondere Bilderbuch wirklich empfehlen. Der Titel verspricht nicht zu viel – die Geschichte ist wirklich anders als das, was man so kennt. Durch den sehr poetischen, philosophischen Charakter dieses Buches eignet es sich nicht nur für Kinder, sondern – oder sogar insbesondere – auch für Erwachsene. Der Text und die Bilder laden zum gemeinsamen Sprechen und Philosophieren ein. Und auch die Aussage des Buches ist sehr wichtig und bietet definitiv Gesprächsstoff.

5 Sterne

Das Bilderbuch wurde mir als Rezensionsexemplar vom Jumbo Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür

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